mutterseelenallein

Bedeutung von »mutterseelenallein«

Erklärung, Bedeutungen und Synonyme für mutterseelenallein. Was bedeutet mutterseelenallein?

mutterseelenallein (Deutsch)

Adjektiv

Anmerkung zur Konnotation:

Auf Personen bezogen kann der Ausdruck „einen Menschen, der in totaler existentieller Einsamkeit und psychischer Verlassenheit steht, auch wenn er von einem Schwarm Menschen umgeben ist; und der unausweichlich verlassen bleibt auch dann, wenn er es nicht möchte, weil er trotz redlichen Bemühens keinen Kontakt mit seinen Mitmenschen zu finden vermag; also einen psychischen Habitus“ bezeichnen (siehe den ersten zitierten Beispielsatz).

Anmerkung zur Steigerbarkeit:

Das Wort ist vereinzelt auch im Komparativ belegt:
Thom Yorkes Texte haben 1997, als das World Wide Web anfing, mehr als bloß eine utopische Nerdkommune zu werden, die richtigen Extrapolationen vollzogen und damals schon angedeutet, was das Jahr 2017 heute ausmacht: der Fitnesswahn, die sozialen Normen und die Einsamkeit vor dem Computerschirm, das Gefühl, mit allen und jedem verbunden - und doch mutterseelenalleiner als je zuvor zu sein.“

Nebenformen:

umgangssprachlich: mutterseelenalleine
veraltet: mutterseelallein

Worttrennung:

mut·ter·see·len·al·lein, keine Steigerung

Aussprache:

IPA: [ˌmʊtɐzeːlənʔaˈlaɪ̯n], [ˈmʊtɐˌzeːlənʔaˈlaɪ̯n], [ˈmʊtɐˈzeːlənʔaˈlaɪ̯n]
Hörbeispiele:  mutterseelenallein (Info)
Reime: -aɪ̯n

Bedeutungen:

[1] zumeist prädikativ; emotional: ganz und gar allein, sehr einsam, völlig vereinsamt; ganz verlassen

Herkunft:

Das Wort ist seit dem 18. Jahrhundert bezeugt. Über seine Herkunft gibt es mehrere Erklärungsversuche:
1. Älteren Quellen zufolge soll es sich um eine Entlehnung aus dem französischen moi tout seul handeln. Diese Herleitung wurde von Heisig als „ad hoc fabrizierte pseudofranzösische Wendung, die dem tatsächlichen Sprachgebrauch zuwiderläuft“ abgelehnt, da im Französischen tout seul → fr „aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe“ bedeutet. Es sei ebenso unschlüssig, weshalb ausgerechnet die Form der ersten Person Singular (moi → fr) auf die übrigen Personen übertragen worden sein solle.
2. Des Weiteren wurde vermutet, es handele sich um eine „Verſtümmelung aus ‚mit der Seele allein‘“.
3. Auch wurde versucht, das Wort als „‚allein wie in der Mutter‘, d. h. ‚im Mutterleibe‘“ zu deuten. Um diesem Deutungsversuch mehr Gewicht zu verleihen, verwies man auf eine Stelle in Goethes Gedicht „Der neue Amadis“, in dem dieser den Ausdruck „allein wie im Mutterleib“ verwendet:
„Als ich noch ein Knabe war,
Sperrte man mich ein.
Und ſo ſaß ich manches Jahr
Ueber mir allein,
Wie im Mutterleib.“
4. In älteren Quellen wurde ferner vermutet, bei -seelen- handele es sich um eine Verstümmelung von selig. Somit lasse sich das Wort mutterseelenallein deuten als „verwaiſt nach dem Tode der Mutter, verlaſſen ſelbſt durch die verſtorbene, ſelige Mutter“.
5. An der vorhergehenden anschließend gesellt sich eine ganz ähnliche Deutung: „ſo allein, ſo einſam und verlaſſen, wie ſich ein Mutterherz fühlt, wenn ihm das Liebſte, das Kind, genommen iſt“.
6. Weise führt das Wort auf den mittelhochdeutschen Ausdruck muoters eine → gmh ‚ganz allein, von der Mutter verlassen‘ zurück.
7. Nach moderner Ansicht geht man von dem älteren neuhochdeutschen Ausdruck Mutterseele ‚Mensch; Mutter‘ (vergleiche keine Menschenseele) aus, sodass mutterseelenallein offenbar als ‚menschenallein, von allen Menschen verlassen; selbst von der eigenen Mutter verlassen, mutterlos, allein‘ zu verstehen ist.

Synonyme:

[1] allein auf weiter Flur
[1] regional: mausmuttersternallein, mutterallein, muttermenschenallein, mutterseligallein, muttersteinallein, mutterwindallein, steinbeinmutterseligallein, steinsmutterallein
[1] veraltet: mutternackt, seelenallein

Sinnverwandte Wörter:

[1] abgeschieden, einsam, einsiedlerisch, eremitenhaft, eremitisch, für sich, isoliert, kontaktlos, vereinsamt, verlassen, weltabgeschieden, weltabgewandt, zurückgezogen

Oberbegriffe:

[1] allein

Beispiele:

[1] Er hatte sich verlaufen und fühlte sich mutterseelenallein.
[1] „Manchmal ist das so - man hat sich gerade noch geküßt wie verrückt (natürlich hat er mich schon geküßt), und plötzlich sitzt man in dem kleinen Wagen nebeneinander, ganz dicht, und ist doch so mutterseelenallein.
[1] „Seit dem Morgengrauen bin ich durch eure Gassen geschlendert. Mutterseelenallein. Alle Läden herunter, jede Tür zu.“
[1] „Aber was machen Sie hier so mutterseelenallein auf der Landstraße?“
[1] „Sabeth nochmals auf der Mole draußen, sie steht jetzt, unsere tote Tochter, und singt, ihre Hände wieder in den Hosentaschen, sie glaubt sich mutterseelenallein und singt, aber unhörbar - Ende der Spule.“
[1] „Wohin ich in meiner Gier nach Kontakten und Menschen in meiner gottlosen und mutterseelenalleinen Einsamkeit auch vordringe, ich entdecke immer nur Metamorphosen der Werbung und Geldgier.“
[1] „Ich hatte damals unter den Studenten einen Übersetzungspartner gesucht, der für mich als Verlobte infrage kam und mir nicht plötzlich einen Kuss auf die Backe drücken würde, wenn wir stundenlang mutterseelenallein abends in einem der großen, leeren Hörsäle saßen.“

Übersetzungen

[1] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „mutterseelenallein“
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „mutterseelenallein“
[1] The Free Dictionary „mutterseelenallein“
[1] Duden online „mutterseelenallein“
[1] Großes Wörterbuch der deutschen Sprache „mutterseelenallein“ auf wissen.de
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-Portal „mutterseelenallein“
[1] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „mutterseelenallein“
[1] Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. In zehn Bänden. 3., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 6. Band Lein–Peko, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1999, ISBN 3-411-04793-3, DNB 965409120 , Stichwort »mutterseelenallein«, Seite 2668.
[1] Heinz Küpper: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. In: Digitale Bibliothek. 1. Auflage. 36, Directmedia Publishing, Berlin 2006, ISBN 3-89853-436-7 , Stichwort »mutterseelenallein«.
[1] Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Die deutsche Rechtschreibung. In: Der Duden in zwölf Bänden. 25. Auflage. Band 1, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2009, ISBN 978-3-411-04015-5  (CD-ROM-Ausgabe), Stichwort »mutterseelenallein«.
[1] Renate Wahrig-Burfeind: Brockhaus Wahrig Deutsches Wörterbuch. Mit einem Lexikon der Sprachlehre. In: Digitale Bibliothek. 9., vollständig neu bearbeitete und aktualisierte Auflage. wissenmedia in der inmedia ONE GmbH, Gütersloh/München 2012, ISBN 978-3-577-07595-4 (CD-ROM-Ausgabe) , Stichwort »mutterseelenallein«.
[1] Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. Das umfassende Bedeutungswörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. 8., überarbeitete und erweiterte Auflage. Dudenverlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-411-05508-1 , Stichwort »mutterseelenallein«, Seite 1235.

Quellen:

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Referenzen

Zu den Referenzen und Quellen zählen unter anderem das Deutsche Universalwörterbuch (Duden) und Wikipedia. Weitere Details zu den Lizenzen und Listen der Autoren auf Wiktionary.